Was bedeutet intermittierender Selbstkatheterismus?
Dabei handelt es sich um eine schonende Methode, die Blase über die Harnröhre mittels Einmalkatheter zu entleeren.
Die Harnblase ist ein Hohlorgan und dient als Sammelbecken des Harns.
Durch eine Rückenmarkschädigung ist es bei Ihnen nun zu einem Verlust der Blasenkontrolle gekommen. Mit dem intermittierenden Katheterismus können Sie die bestmögliche Harnkontinenz erreichen, Ihre Lebensqualität entscheidend verbessern und die Nierengesundheit erhalten.
Die Katheterauswahl und die Katheterfrequenz, also die Häufigkeit, wie oft am Tag katheterisiert werden muss, ist von Patient zu Patient unterschiedlich und hängt von der medizinischen Situation und dem persönlichen Lebensumstand ab.
Zur individuellen Einstellung der Katheterfrequenz ist zu Beginn ein Protokoll der Trink- bzw. Harnmengen hilfreich. Dieses Protokoll sollte möglichst genau geführt werden.
Bis zur Entlassung haben Sie Routine in der Handhabung mit einem optimalen Katheter.
Intermittierender Selbstkatheterismus (ISK) beim Mann – Durchführung des aseptischen Katheterismus
1. Desinfizieren Sie Ihre Hände. Dabei die Fingerkuppen nicht vergessen. Einwirkzeit: 30 Sekunden
2. Stellen Sie eine saubere Arbeitsfläche her (ggf. Fläche desinfizieren) und legen Sie die notwendigen Materialen bereit:
- Einmalkatheter
- Kompressen
- Händedesinfektionsmittel
- Schleimhautdesinfektionsmittel
- Urinbeutel
- Spiegel
- Schutzunterlage
- ggf. Spreiz- oder Einführhilfen
- evtl. Einmalhandschuhe
3. Begeben Sie sich in die geeignete Position für den intermittierenden Selbstkatheterismus. Es bestehen folgende Möglichkeiten der Durchführung:
- sitzend am Bett
sitzend am WC
sitzend am Rollstuhl
- stehend vor dem WC
4. Entfernen Sie die Kleidung soweit, dass ein uneingeschränktes Durchführen möglich ist. Ein „Hosenspanner“ kann Sie dabei unterstützen.
5. Öffnen Sie die Kompressen, jedoch ohne sie zu berühren und tränken sie diese mit reichlich Schleimhautdesinfektionsmittel (Octenisept, Braunol).
6. Bereiten Sie nun den Katheter vor (je nach Modell). Setzen oder stellen Sie sich so hin, dass Sie bereit sind, den Katheter einzuführen. Je nach Modell ist eine Einwirkzeit von ca. 30 Sekunden zu beachten bis die Beschichtung Ihres Katheters aktiviert ist.
7. WICHTIG: Jetzt desinfizieren Sie Ihre Hände nochmal. Dabei die Fingerkuppen nicht vergessen. Einwirkzeit: 30 Sekunden
8. Ziehen Sie die Vorhaut zurück und desinfizieren Sie den Harnröhreneingangsbereich 3-mal spiralförmig mit jeweils einer neuen Kompresse vom Harnröhreneingang ausgehend. Häufiges Hin- und Herwischen mit der Kompresse erhöht die Desinfektionswirkung nicht! Lassen Sie den Penis jetzt nicht mehr aus der Hand.
9. Halten Sie den Penis mit zurückgestreifter Vorhaut und strecken Sie ihn in Richtung Bauchdecke.
10. Nach der Einwirkzeit (Octenisept 1-2 min., Braunol 1 min.) führen Sie den Katheter ein. Achten Sie darauf, dass dieser „berührungsfrei“ direkt in die Harnröhre eingeführt wird. Fassen Sie also den Katheterkörper nicht direkt an (Non-Touch-Technik).
14. Entsorgen Sie die Materialien im Restmüll und entleeren Sie den Urinbeutel in der Toilette. Anschließend desinfizieren Sie sich die Hände und ggf. die Toilette.
Mögliche Komplikationen
1. Katheter lässt sich nicht einführen, was nun?
- Katheter immer ohne Gewalt einführen (Achtung Verletzungsgefahr!).
- Sich Zeit lassen – warten Sie einige Minuten bevor Sie erneut den ISK versuchen (Bei einem neuen Versuch ist es wichtig, auch die Hygienemaßnahmen zu wiederholen!).
- Probieren Sie eine Lageveränderung.
- Atmen Sie tief ein.
- Husten Sie.
Hilft keiner der Tricks, bitte rechtzeitig beim Pflegepersonal melden bzw. ins nächste Krankenhaus fahren.
2. Harnwegsinfekt
Die häufigste Komplikation beim Katheterismus ist der Harnwegsinfekt.
Folgende Symptome können darauf hinweisen:
- trüber und übelriechender Harn
- blutiger Harn
- Fieber
- plötzlicher Harnverlust
- gesteigerte Katheterisierungsfrequenz mit vermindertem Volumen
- Beschwerden oder Schmerzen in Blasenregion oder im Bereich der Flanken
- Übelkeit
- Unbehagen
- zunehmende Spastik
Treten ein oder mehrere der obengenannten Symptome auf, bitten wir Sie, sich unmittelbar beim Pflegepersonal zu melden bzw. Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt aufzusuchen.
3. Autonome Dysreflexie
Eine schwerwiegende und eine im Extremfall lebensbedrohliche Komplikation ist die sogenannte Autonome Dysreflexie. Dies kann bei Patienten mit Rückenmarksschädigungen im Halswirbel- und oberen Brustwirbelbereich auftreten.
Welche Symptome können auf eine Autonome Dysreflexie hinweisen:
- klopfende/stechende Kopfschmerzen
- hoher Blutdruck
- Angst und Zittern
- Schwitzen, speziell im Gesicht, im Nacken und an den Schultern
- Gänsehaut
- Rötungen in Gesicht und/oder Brustbereich
Der häufigste Auslöser einer Autonomen Dysreflexie ist die Dehnung der Blase oder des Darms. Um ein Abklingen der Symptome zu erreichen, ist umgehend die Blase bzw. der Darm zu entleeren. Falls die Beschwerden nicht aufhören, suchen Sie umgehend eine Ärztin oder einen Arzt auf!
4. Inkontinenz
Sollten Sie zwischen dem ISK Harn verlieren, melden Sie sich beim Pflegepersonal bzw. bei der Urologin oder dem Urologen.